Humboldt-Schülerinnen und Schüler in Japan (2014)

Am Freitag, den 23.05.2014, kamen wir deutschen Austauschschüler, das heißt 7 Mädchen und 1 Junge aus dem 12. Jahrgang, um 10 Uhr morgens in der Partnerschule in Kobe an. Damit lagen wir 2 Stunden vor dem Zeitplan, ganz im Sinne der deutschen Pünktlichkeit. Um diese zwei Stunden zu überbrücken, führte uns Frau Shinohara zum Ashiya-Onsen, wo wir ein heißes Fußbad nahmen, das wir nach dem langen Flug auch nötig hatten.Um kurz vor zwölf kehrten wir dann zur Schule zurück, wo wir im Konferenzraum sehnsüchtig auf unsere Austauschschüler warteten. Endlich öffnete sich die Schiebetür ein Stück und 10 neugierige Japaner streckten ihre Köpfe in den Raum. Die Wiedersehensfreude war natürlich groß. In einem wilden Mischmasch aus Japanisch, Deutsch und Englisch teilten wir uns mit, wie sehr wir uns vermisst hatten und wie sehr wir uns freuten, die anderen wiederzusehen.

Dann wurden wir von unseren Austauschschülern in ihre Klassenräume gebracht, wo wir von der ganzen Klasse mit einer großen Tafel aus zusammengeschobenen Tischen begrüßt wurden. Jeder von uns bekam von seinem Austauschschüler ein Obento, ein Lunchpaket, das liebevoll von der Gastmutter zurecht gemacht und gepackt worden war.

Nach einer Führung durch die Schule stand „Taiko-Trommeln“ auf dem Stundenplan. Zuerst führten die japanischen Schüler uns etwas vor. Dann durften wir selbst auch trommeln. In gemischten Vierer-Gruppen studierten wir zwei kurze Stücke ein, die wir am Ende abwechselnd und im Kanon spielten. Uns allen hatte das Trommeln so viel Spaß gemacht, dass wir uns im Konferenzraum, wo wir auf unsere Austauschschülern warten sollten, begannen auf die Tische zu trommeln.

Nach dem Putzen des Klassenraums, das in Japan Aufgabe der Schüler ist, verließen wir die Schule um 16 Uhr mit unseren Austauschschülern. Meine Gastfamilie wartete bereits auf dem Parkplatz vor der Schule auf uns. Sie stellten sich mir als Mama, Papa und Oneechan (verniedlichende Form für große Schwester) vor. Alle drei sprachen nur gebrochenes Englisch und freuten sich immer, wenn ich ein japanisches Wort sagte, und beteuerten immer wieder, wie toll ich doch Japanisch sprechen würde.

Am nächsten Morgen fuhren wir schon ziemlich früh nach Kyoto, weil meine Gastfamilie eine große Überraschung für mich geplant hatte. Kaoruko, meine Austauschschülerin, und ich wurden professionell als Maiko (Tanzmädchen) verkleidet und geschminkt. Im Nachhinein stelle ich fest, dass dieses Verkleiden mein persönliches Highlight dieser Reise war. In Kimono und auf Geta, den traditionellen Holzschuhen, auf denen das Laufen gar nicht so einfach war, schlenderten wir durch die Ninenzaka, eine berühmte Einkaufstraße in Kyouto mit vielen kleinen traditionellen Läden, Restaurants und Teehäusern. Es war fast so, als wären in der Zeit zurückgereist.

Am Sonntag fuhren wir ins Aquarium nach Osaka und auch wenn das nicht sonderlich aufregend klingt, so kann ich jedem, der nach Osaka fährt, nur empfehlen, dort einmal hinzugehen. Zusammen mit meiner Gastfamilie hatte ich einen Riesenspaß. Besonders cool fand ich den letzten Raum, in dem sich ein flaches Becken mit Rochen befand, die man streicheln konnte.

Als wir am nächsten Morgen in die Schule gingen, mussten wir Deutschen uns erst einmal von unseren Wochenenden erzählen: von der Samurai-Stadt, vom Karaoke, vom Besuch des Schlosses und des Skybuildings in Osaka, von Nara, vom Byodoin-Tempel, vom Tischtennis spielen mit Oke und von der Herausforderung, Nagashi-Somen zu essen.

Unser zweiter Schultag, an dem wir unsere selbst erstellten Schuluniformen trugen, verging wie im Flug. Alle Lehrer banden uns in ihren Unterricht mit ein und die Schüler behandelten uns wie Hollywoodstars. Wann immer wir um eine Ecke gingen, begannen alle zu tuscheln und uns schüchtern zuzuwinken. Im Unterricht waren viele Japaner zuerst ziemlich schüchtern und sprachen nicht viel, aber nachdem wir ihnen erst einmal bewiesen hatten, dass wir ziemlich wenig Japanisch sprachen und ihnen sagten, dass ihr Englisch tausend Mal besser war, als unser Japanisch, tauten sie auf und unterhielten sich freudig mit uns.

Am Dienstag machten alle Austauschschüler zusammen einen Ausflug nach Kyoto. Wir spazierten bei 30°C und Sonne zum Kiyomizu-dera, dem Tempel des reinen Wassers. Dort gibt es drei kleine Wasserkanäle, die in ein Becken stürzen und von denen man trinken kann. Es wird gesagt, dass jede dieser drei Quellen heilende Kräfte besitzt und Weisheit, Liebe oder Gesundheit bringt.

Danach erkundeten wir in zwei Gruppen Kyoto. Obwohl ich ja schon am Samstag in Kyoto gewesen war, gab es noch viele kleine Seitenstraßen zu entdecken und viel zu sehen.

Am Mittwoch gingen wir wieder zur Schule. Wir halfen im Deutschunterricht dabei, die Schüler auf einen Deutschtest vorzubereiten, und sprachen in „Practical English“ über Prinzessinnen und Superhelden. Was mich am meisten am Fremdsprachenunterricht in der Schule beeindruckte war, dass die Schüler immer von zwei Lehren unterrichtet wurden: von einem Muttersprachler und einer japanischen Lehrkraft, die diese Sprache studiert hatte und im Notfall beim Übersetzen helfen konnte.

Am Donnerstag machten wir einen Ausflug nach Arima, um dort ein Onsen, ein heißes Quellenbad, zu besuchen. Leider konnten uns unsere Japanischen Austauschschüler dorthin nicht begleiten.

Das Onsen wirkte von innen wie eine Mischung aus einem Hotel und einem Schwimmbad. Das Wasser in den Becken sah im ersten Moment schon ziemlich komisch aus, da es durch die ganzen Mineralsalze braun war. Wir beäugten es kurz misstrauisch, duschten uns dann aber kalt ab und stiegen in das 42°C heiße Wasser.

Als wir das Onsen wieder verließen, sahen wir zwar alle aus wie Tomaten, aber die Außentemperatur von 30°C empfanden wir alle plötzlich als angenehm kühl.

Dann kam bereits unser letzter Schultag. Nach der Verabschiedung im Lehrerzimmer, gingen wir zum Sportplatz. Vier von uns wollten auch am Sportunterricht teilnehmen.

Die größere Herausforderung waren jedoch nicht die Aufwärmübungen oder das Warmlaufen, sondern viel mehr das Verstehen der Aufgabe, da der Sportlehrer nur Japanisch sprach.

In der zweiten Stunde hatten wir „Sound Education“. Fragend betraten wir den Musikraum. Was genau machte man in einem Fach, dass „Sound Education“ hieß? Die Schüler erklärten uns begeistert, dass sie sich viel mit Lautmalerei beschäftigen würden und fragten uns interessiert, wie wir die Geräusche aufschreiben, die Tiere machen, und verglichen sie mit ihrer Schreibweise. Sie brachten uns auch dazu über Sachen nachzudenken, über die wir noch nie im Leben nachgedacht hatten: Wie macht Mondlicht?

Am Nachmittag gaben die Japaner eine Abschiedsfeier für uns in der Schule, auf der wir unseren Film, den wir über Kiel und die HuSchu gedreht hatten, zeigten. Dort lernten wir auch die Gasteltern der Anderen kennen, die uns alle super niedlich fanden, uns dafür dankten, dass wir so tolle Freunde für ihre Kinder wären und uns sagten, dass wir sie unbedingt besuchen müssten, wenn wir irgendwann mal wieder nach Japan kommen.

Am Samstag mussten die Japanischen Austauschschüler alle eine Prüfung schreiben, also fuhren wir ohne sie nach Kobe. Dort besichtigten wir einen kleinen Tempel, der mitten in der Stadt lag, was uns im ersten Moment ziemlich seltsam vorkam. Doch je länger wir darüber nachdachten, desto schöner fanden wir die Vorstellung, dass es in einer (für unsere Verhältnisse) ziemlich großen Stadt wie Kobe mehrere kleine, ruhige Rückzugsorte gibt.

Im Anschluss sahen wir uns die Stadt von oben an. Das Rathaus von Kobe ist ein 30-stöckiges Gebäude, von aus man die ganze Stadt überblicken kann. Auch den Tempel von zuvor fanden wir als grünen Punkt in mitten der Hochhäuser wieder.

Zu letzt besuchten wir die eindrucksvolle Gedenkstätte für die Opfer des schweren Erdbebens im Jahre 1995, das Kobe damals völlig zerstörte.

Am Sonntagmorgen trafen wir uns alle am Flughafen. Die Stimmung war wie zu erwarten gedrückt. Nach einem langen und tränenreichen Abschied stiegen wir widerwillig ins Flugzeug. Diese Woche war viel zu kurz und viel zu schnell vergangen! Doch die letzten Worte, die Kaoruko zu mir sagte, haben mich etwas aufgeheitert: „Don´t cry, we´ll meet again!“

Ich stehe immer noch mit einigen Austauschschülern, besonders natürlich mit Kaoruko :D, und meiner Gastfamilie in ständigem Kontakt. Und auch wenn die Reise nach Japan lang und anstrengend war, war es ganz bestimmt nicht meine letzte.

Zum Schluss möchte ich noch Frau Bonn für die Organisation des Austausches und das Aufpassen auf ihre 8 „Aka-chans“ und Frau Shinohara für das Zusammenstellen unseres tollen Stundenplans in Japan danken!!!

Sarah Heider