Humboldt-Schülerinnen und Schüler sehr erfolgreich beim Young Economic Summit (2015)

Smartphones und smarte Lösungen – HuSchu beim Young Economic Summit (YES!) – von Noah Peters
Wie alt ist Dein Smartphone? Brauchst Du immer das IPhone der neuesten Generation? Musste ein Neues her, weil der Akku schnell schlapp gemacht hat oder das Display eher einen Riss aufweist anstatt High Definition? Viele Humboldt-Schüler / Humboldt-Schülerinnen besitzen ein Smartphone und haben nicht nur diese Tatsache gemeinsam, sondern auch, dass sie dadurch mit den gleichen Problemen gequält werden. Technik auf höchstem Niveau hat eben seinen Preis – nicht nur finanziell. Genau diesen Ausgangspunkt haben Antonia, Carlotta, Caroline, Hannes, Katharina, Noah, Paul und Tjark gewählt, als sie am Young Economic Summit 2015 (YES!) teilgenommen haben.
Stets begeleitet worden sind sie dabei von unserer Lehrkraft Herrn Peters. Das Format des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) und der Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) sowie der Joachim-Herz-Stiftung hat am 12. und 13. Oktober 2015 300 Schülern / Schülerinnen aus Schleswig-Holstein und Hamburg die Plattform geboten, globale Herausforderungen des öffentlichen Lebens in englischer Sprache zu diskutieren. Zuvor waren in einer langer Entwicklungsphase individuelle Lösungsansätze der jeweiligen Schülergruppen zu aktuellen Problemstellungen in Themenbereichen wie Umwelt, Finanzwirtschaft oder Soziales entwickelt worden.

Ebenfalls im Oktober sind genau diese dringenden Konfliktherde Kernpunkt des Global Economic Symposium (GES) gewesen, welches zeitgleich im Kieler Atlantik Hotel stattgefunden hat. Hier haben Führungskräfte vieler staatlicher und ziviler Branchen diskutiert und beraten. Die Humboldt-Schule hat das YES! und das GES aktiv begleitet.

In der Kategorie Re-assessing Waste Management and the Circular Economy (Neubewertung des Abfallmanagements und die Kreislaufwirtschaft) hat das YES!-Team Humboldt-Schule die Ideale der Circular Economy (Kreislaufwirtschaft) aufgenommen und sich mit den dunklen Seiten der Smartphone-Welt befasst.

Vorab ist zu klären gewesen, was die Circular Economy grundsätzlich anstrebt. So passen die vier Säulen, Recycling, Wiederbenutzung, Reparatur und Aufbesserung (Recycling, Re-using, Repairing und Refurbishing) gut in die Technikindustrie im Allgemeinen, die so aufstrebend ist, weil Konsumenten immer wieder neue Geräte nachfragen. Dass der damit einhergehende massive Verbrauch von Rohstoffen und die Anhäufung von Reststoffen wie Plastik eine zunehmende Belastung für die Umwelt darstellen, fällt zu häufig hinten ab. Die gängige Linearwirtschaft kennt nur das Kaufen, Entsorgen und Ersetzen, was in diesem Ablauf der nachhaltigen Circular Economy widerspricht. Dementsprechend ist das Ziel der Werterhaltung an oberster Stelle des nachhaltigen Wirtschaftens gesetzt und stellt zugleich den Weg für innovative Unternehmens- und Produktideen dar.

Der Freund „Mülltonne“

Im Bezug auf die Smartphone-Industrie können die eingangs genannten „Symptome“ herangezogen werden, denn die sogenannte Geplante Obsoleszenz ist dafür verantwortlich, warum Display oder Akku oft nicht so lange halten, wie es sich der Konsument erhofft. Vielfach erleiden einzelne Komponenten des Geräts „ganz zufällig“ nach Ablauf der Garantie einen Defekt. Die Reparatur ist zumeist zu aufwendig oder unmöglich, also lacht sich der Hersteller ins Fäustchen, weil ein neues Smartphone gekauft wird – mit den erwähnten Folgen für die Umwelt (auf lange Sicht und weil eine Vielzahl von Kunden / Kundinnen so handelt). Die YES!-Gruppe der Humboldt-Schule initiierte einen umfangreichen Lösungsansatz, um speziell diesen Phänomenen der Smartphone-Industrie entgegen zu wirken und ein Geschäftsmodell auf Grundlage der Circular Economy anzukurbeln.

Der HuSchu-Lösungsansatz

Dabei sucht der Konsument im Fall eines defekten Smartphones einen sogenannten Licensed Repair Provider (LRP) (Lizensierter Reparaturdienstleister) auf, um das Gerät wieder instand zu setzen. Wenn Ihr Euch nun fragt, warum das Telefon nun plötzlich repariert werden kann, dann gibt es darauf eine einfache Antwort: Es bedarf der Kooperation mit den Herstellern, um die nötigen Ersatzteile für den LRP zu generieren. Oftmals sind Samsung, Apple und Co. (beziehungsweise deren Zulieferer) die einzigen, die diese bereitstellen können. Im Sinne der gesteigerten Nachfrage nach Smartphones ist man aber daran nicht interessiert, da die Geräte neugekauft und nicht repariert werden sollen. Folglich müssen die Hersteller für ihren eventuellen Umsatzverlust (Telefone werden durch LRP repariert also ist kein Neukauf notwendig) entschädigt werden. Dies geschieht auf zweierlei Art und Weise: Zum einen werden die vom LRP nachgefragten Ersatzteile natürlich durch diesen bezahlt. Zum anderen erhalten die Hersteller eine Provision (Gewinnbeteiligung) für jedes reparierte Smartphone durch den LRP, der die Reparatur natürlich als kostenpflichtige Dienstleisung gegenüber dem Smartphone-Besitzer anbietet. Provision und Bezahlung für die Hersteller speisen sich also direkt aus dem Umsatz des LRP und erweitern somit dessen Fixkosten.

Warum ist der Reparaturdienstleister eigentlich lizensiert?

Die Lizenz erwirbt der LRP zu Beginn seines Unternehmensaufbaus von den Herstellern als Zeichen der Qualität gegenüber dem Konsumenten und als Voraussetzung für die geschilderte Kooperation mit den eigentlichen Herstellern der Smartphones. Wichtig ist hier zu nennen, dass der LRP somit nicht zum Tochterunternehmen der Hersteller verkommt. Eher ist die Beziehung mit einem Franchise zu vergleichen. Das Ergebnis, damit eine eigenen neue Dienstleistungsbranche zu etablieren, kommt ferner auch der Circular Economy gleich, weil diese eine Eingliederung von nachhaltigen Konzepten in lukrative und volkswirtschaftlich bedeutende Märkte erzielen möchte. Neben den ökologischen Aspekten sind auch die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie ein rentabler Gewinn der nachhaltig orientierten Unternehmen relevant.

Letztlich müssen noch die Zahlungsweisen der Konsumenten differenziert werden, denn auf der einen Seite kann der Kunde /die Kundin einmalig für einen einmaligen Service zahlen. Zum anderen können aber auch Kontrakte mit dem LRP abgeschlossen werden, die sich an einer Versicherungen oder Garantie orientieren, denn bei periodischer Zahlung einer gewissen Summe kann das defekte Handy jederzeit zur Reparatur eingereicht werden. Aus unternehmerischer Sicht bindet man die Konsumente so an den LRP. Für den Kunden / die Kundin hingegen ist es vordergründig, wie psychologische Experimente darlegen, angenehmer geringere Summen periodisch abzuleisten (Garantie), als eine hohe Einmalzahlung zu berappen.

Im Ansinnen die Geplante Obsoleszenz zu reduzieren, wird angedacht, einen Festpreis für eine unbestimmte Zahl an Ersatzteilen zwischen LRP und Hersteller zu vereinbaren. Letzterer wäre aus ökonomischer Sicht dann selbstredend an einer Abmilderung der „Sollbruchstellen“ (Obsoleszenz) interessiert, um weniger Ersatzteile für einen nach wie vor konstanten Umsatz bereitstellen zu müssen.

Die gesamte wirtschaftliche Beziehung zwischen verärgerten Smartphone-Nutzern, die eine Lösung für ihr defektes Gerät suchen, und dem LRP fasst die Gruppe unter dem Namen Service Contract (SC) (Dienstleistungsvertrag).

Grafische Darstellung des Service Contract (C = Konsument, M = Hersteller, P = Preis) (Grafik: YES!-Team Humboldt-Schule)

Stichhaltigkeit des Lösungsvorschlags

Die Gruppe selbst stellt den Anspruch der absolut realistischen Durchsetzbarkeit ihrer Idee. Somit sind die Finanzierung und auch potenzielle Zielgruppen genauso wie die inhaltliche Ausgestaltung des Service Contract berücksichtigt worden.

Zu den Zielgruppen hat man sich an den Sinus-Milieus orientiert, die einige Leser/innen sicher aus dem WiPo-Unterricht der Oberstufe kennen. Folglich fallen besonders solche Personengruppen in das Raster, die sich für die Vereinbarkeit von Moderne und technischem Fortschritt mit der dadurch berührten Umwelt (soziale und im naheliegenden Sinn ökologische) interessieren. Damit wird im Speziellen auch eine bewusste und junge Generation angesprochen.

Auf die gleichen Annahmen berufen sich auch die Finanzierungskonzepte. So fällt das sogenannte Crowdfunding in den Fokus zur Finanzierung des LRP, denn mithilfe dieses Konzepts stellen interessierte Privatpersonen, Unternehmen oder Verbände Kapital (als Spende oder Darlehen) bereit. Maßgeblich für das unternehmerische Verständnis des LRP an dieser Stelle ist, dass man somit in der frühen Gründungsphase der Unternehmung die potenziellen Kunden auf Basis einer transparenten und modernen Finanzierungsstruktur mit einbindet.

Noah (Dritter v. l.) und Paul (Vierter v. l.) diskutieren mit den Circular Economy-Experten Chris Crozier von Kusaga Taka Consulting (Erster v. l.) und Andy Ridley von Circle Economy (Zweiter v. l.) beim Young Economic Summit im RBZ Wirtschaft Kiel. (Foto: Tjark, YES!-Team Humboldt-Schule)

Physische und wirtschaftliche Lebensdauer

Nun nützt aber kein noch so nachhaltiges Unternehmenskonzept, wenn die (potentiellen) Konsumenten es nicht nachfragen; die Plattform bleibt der freie Markt mit etablierten Opponenten. Diese Feststellung gilt insbesondere in der Smartphone-Industrie, die mit Apple und Samsung von zwei Konzernen dominiert wird, die nach Belieben handeln können. Insofern muss der Unterscheidung zwischen der physischen und ökonomischen Lebensdauer eines Smartphones Beachtung geschenkt werden.

Mit der Reparatur durch den LRP wird die physische Lebensdauer (physical lifespan) des Geräts verlängert, weil der Besitzer / die Besitzerin es weiter nutzen kann (Value Recovering Event). Auf der anderen Seite muss die Dienstleistung auch empfänglich für Kunden / Kundinnen sein, sodass die ökonomische Lebensdauer (economic lifespan) ins Spiel kommt: Ein maßgeblicher Anreiz, ein neues Smartphone zu erwerben, besteht in den scheinbar brandneuen Innovationen, die das Gerät der neuesten Generation mit sich bringt. Dementsprechend muss eine Handyreparatur gegenüber einem Neuerwerb auch Anreize bieten. Zur Verlängerung dieser ökonomischen Lebensdauer zieht das YES!-Team Humboldt-Schule Upgrades heran, die parallel mit der Dienstleistung der Reparatur in Verbindung mit dem Telefon erworben werden können. Im Vortrag bei der Hauptveranstaltung hat die Gruppe ausdrücklich darauf hingewiesen, keine Ingenieure zu sein, weshalb sich die Ausgestaltung der Upgrades noch oberflächlich gestaltet. Grundsätzlich angedacht wird Zubehör wie Headsets und Kopfhörer sowie andere Trends. Deutlich wichtiger ist hingegen der technische Part, der mit Open Source Lizenzen für neue Betriebssysteme verantwortlich sein könnte.

Fest steht, trotz einiger Unklarheiten, dass die Upgrades das Herzstück des Service Contract ausbilden. Von der Qualität dieser hängen der unternehmerische Erfolg des LRP und damit die Einführung der Circular Economy im Elektroniksektor entscheidend ab. Natürlich müssen sich diese Produkte im Sinne der Glaubwürdigkeit auch an den Standards der Circular Economy messen lassen.

Auszahlung all der Mühe und der Arbeit beim GES

Der Arbeitsvorgang der HuSchu-Gruppe hat sich so ähnlich gestaltet wie die Schilderung der Lösungsidee in diesem Artikel: Höhen und Tiefen hat besonders die Findungsphase der engeren Themenwahl ausgezeichnet, aber schlussendlich präsentiert sich jedes Gruppenmitglied stolz und überzeugt von dem Resultat der Gruppe.

Die eigentliche Bestätigung dafür haben Hannes, Noah und Paul im Namen des gesamten Teams erfahren, als sie sich am Schlusstag des Global Economic Symposiums mit anderen Gruppen zusammengefunden haben, um dem US-amerikanischen Wirtschafts-nobelpreisträger George Akerlof und seinem Sohn Robert Akerlof ihre Ideen zu präsentieren.

Wirtschaftsnobelpreisträger George Akerlof (ganz links) und seinem Sohn Robert Akerlof (ganz rechts), ebenfalls Wirtschaftswissenschaftler, ist von Hannes (Zweiter v. l.), Noah (Mitte) und Paul (Zweiter v. r.) die „HuSchu-Lösung“ präsentiert worden. (Foto: Kai Meinke, IfW)

George Akerlof hat beim GES passenderweise sein neues Buch vorgestellt, das er zusammen mit dem Wirtschaftsnobelpreisträger Robert J. Schiller verfasst hatte. In „Phishing for Phools“ setzten sich die beiden Ökonomen mit der „Wirtschaft der Manipulation und Täuschung“ auseinander und legen in zahlreichen Beispielen dar, mit welchen Tricks die Konsumenten in der Privat- aber auch Finanzwirtschaft zu Käufen verleitet werden, die sie rational gar nicht wollen können und ihnen schaden.

Es sind psychologische Tricks, die Kunden / Kundinnen ein Produkt nahelegen, das zu der „Geschichte“ („narrative“) passt, welche wir selbst über uns erzählen; unser Image unsere Vorlieben, unser Lebensstil – Attribute, die wir mit unserem Kaufverhalten bedienen und gerne auch nach außen kehren.

Bei der Lektüre von „Phishing for Phools“ wird mit jedem Kapitel deutlicher, dass sich auch die Smartphone-Industrie den gängigen Tricks bedient, um den Konsumenten zum Neukauf zu zwingen, Geplante Obsoleszenz, Innovationen, Trends und Images…

DU brauchst dieses Smartphone!“

Und wir brauchen ein System, das uns die damit einhergehenden Nachteile vor Augen führt, und ihnen begegnet.

Der Service Contract.